Wenn man sich mit Stephan Sandkühler auf einen Kaffee trifft, sollte man zwei Dinge wissen: Erstens, er trinkt seinen Kaffee schwarz wie ein Kohlenkeller im Dezember. Zweitens, wer glaubt, es bleibt bei einem Kaffee, hat die Wirkung von Koffein auf wortverliebte Menschen unterschätzt.
Er sitzt da, grinst, rührt nicht, weil da ja nichts zu rühren ist, und sagt trocken: „Milch ist was für Menschen mit Hoffnung.“ Mir wird sofort klar: Das wird kein Smalltalk über Wetter oder Zucker. Das wird ein Gespräch, das man sich am liebsten einrahmen möchte.
Ein Halterner Jung mit Alphabet im Kopf
Stephan ist Autor, Poetry-Slammer, Halterner Jung und jemand, der mit Worten umgehen kann, als hätte er sie schon beim Frühstück alphabetisch sortiert. Ein Typ, der aus dem Nichts Geschichten baut und aus einem Schluck Kaffee gleich ein Kapitel.
Wir reden über Worte, über das Schreiben und darüber, wie aus kleinen Ideen manchmal ganze Lebensgeschichten werden. „Ich habe früher zu Weihnachten immer Geschichten geschrieben“, erzählt er. „Erst für die Familie, später für alle, die sie hören wollten.“ Man spürt sofort, das tut er nicht aus Pflicht – es ist sein Wohlfühlort.
Schreiben als Reise in die eigene Weihnachtswelt
Einmal im Jahr taucht Stephan tief ein in seine persönliche Weihnachtswelt, schreibt sich durch Erinnerungen und Momente, die ihn bewegen.
In diesem Jahr heißt seine Geschichte „Tedesco – der Deutsche“. „Eine ernste, aber schöne Geschichte“, sagt er leise. „Über Freundschaft, Schicksal und darüber, was bleibt, wenn alles andere weggespült wird.“
Während er spricht, tippt sein Zeigefinger auf den Kaffeelöffel, als suche er nach einem Rhythmus. Und das passt – denn Stephan denkt in Worten, die Musik haben.
Der Sprung auf die Bühne
Sein Weg auf die Poetry-Slam-Bühne begann vor ein paar Jahren – spontan, wie so vieles in seinem Leben. „Christofer mit f“, sagt er und lacht, „der war schuld.“
Christofer ist Poetry-Slammer, Moderator, Freund – und derjenige, der Stephan ohne Rückgaberecht in die Slam-Welt geschubst hat. „Plötzlich stand ich da: Mikro in der Hand, Herz in der Hose, aber Text auf Papier.“
Seitdem ist er regelmäßig auf der Bühne: lesend, lachend, berührend – manchmal alles gleichzeitig. „Das Schönste ist, wenn Leute nach der Show kommen und sagen: Danke. Dann weiß ich, der Text hat was bewegt.“
Über Liebe, Demut und das echte Leben
Als Stephan von seiner Frau spricht, verändert sich sein Ton. „Sie arbeitet in der Pflege“, sagt er. „Und wenn du jemanden hast, der das mit Leidenschaft macht, dann lernst du Demut.“
Er selbst arbeitet bei Evonik, zwischen Anlagenbau und Rohrleitungen. „Sie mit Menschen, ich mit Rohren. Irgendwie funktioniert’s trotzdem“, sagt er und grinst.
Man spürt seinen Respekt. Sie ist kein stilles Beiwerk, sondern ein Mensch, der ihn erdet, wenn seine Worte mal wieder zu hoch fliegen.
Zwischen Zeilen, Kabeln, Kaffee und Rotwein
Stephan schreibt über das Leben, wie es ist – ehrlich, herzlich, manchmal unbequem, immer echt. „Ich schreibe, wenn ich was zu sagen hab“, sagt er. „Und wenn ich nix zu sagen hab, dann trink ich halt Kaffee.“
Haltern als Heimat und Inspirationsquelle
Wir reden über Haltern, über Heimat und den Zauber kleiner Städte. „Ich war mal weg“, erzählt er, „und hab dann gemerkt, dass hier alles ist, was ich brauche. Familie, Freunde, Geschichten. Und ein See, der aussieht, als würde er zuhören.“
Worte, die bleiben
Zum Schluss sitzt er da, lässig, zufrieden, mit einem Rest Kaffee im Becher. „Weißt du, was das Schönste ist?“, fragt er. „Wenn du mit Worten jemanden berührst und der das nicht mehr vergisst. Dann war’s ein guter Text.“
Ich nicke – und denke, dass dieser Kaffee genau das war: eine Geschichte, die man so schnell nicht vergisst.












