Hinweis: Dies ist Teil 3 unserer Serie. Die bisherigen Teile findest du hier:
Am 14. September 2025 wählen die Bürgerinnen und Bürger in Haltern am See eine neue Bürgermeisterin oder einen neuen Bürgermeister. In unserer Serie zur Kommunalwahl stellen wir allen drei Kandidaten die gleichen Fragen zu zentralen Themen der Stadtentwicklung. Die Antworten werden im Wortlaut veröffentlicht, ohne redaktionelle Änderungen.
Frage 6: Wie bewerten Sie den aktuellen Umgang mit Flächenverbrauch, Wohnraumentwicklung und Nachverdichtung?
Andreas Stegemann, amtierender Bürgermeister der Stadt Haltern, Partei CDU:
Derzeit ist der Wohnungsbau zu teuer. Nicht nur in Haltern am See können nur noch größere Bauvorhaben realisiert werden, die einen freifinanzierten und einen subventionierten Anteil an Wohnungen haben. Leider sind die im Kreis Recklinghausen durch Land und Bund bereitgestellten Mittel für sozialen Wohnungsbau massiv überzeichnet, so dass der Bedarf hier bei weitem nicht gedeckt werden kann.
Durch Kooperation mit Grundstückseigentümern sind Potentiale bei Baulücken, Hinterlandbebauung oder Arrondierung von Ortsrändern zu realisieren.
Dr. Vanessa Giese, parteilose Bürgermeisterkandidatin, unterstützt von SPD und Grüne:
Wir schauen zu wenig auf die ressourcenschonende Nutzung der Flächen. Wir brauchen eine nachhaltige Wohnraumentwicklung, die die Flächen, die wir haben, bestmöglich ausnutzt. Wir müssen kleiner denken und wir müssen effizienter denken.
Nehmen wir die Katharinenhöfe: Da haben wir klug gehandelt, eine Fläche erschlossen und nachhaltig agiert. An vielen Stellen geschieht das zu wenig ressourcenorientiert, beispielsweise am Nesberg.
Nachverdichtung ist eine wichtige Strategie, um den Flächenverbrauch zu reduzieren – aber sie muss gut geplant und sozialverträglich sein. Sonst entsteht zu viel Belastung für die Nachbarschaft und rechnen tut es sich auch nicht.
Matthias Engicht, Bürgermeisterkandidat der AfD:
Der Umgang mit dem aktuellen Flächenverbrauch ist für mich in Ordnung. Landwirtschaftliche Bereiche sollten beibehalten werden. Einige Ampeln sollten Kreisverkehren weichen.
Zur Wohnraumentwicklung: Bezahlbarer Wohnraum muss sicherlich geschaffen werden, aber nicht um jeden Preis, dass zum Beispiel „Klotzbauten“ entstehen, die nicht in Halterns Stadtbild passen.
Allerdings hätte man ohne die neue ZUE in der Nähe vom Freibad Aquarell Wohnraum für deutsche Familien an dieser Stelle schaffen können. Nachverdichtung auf bebauten Flächen halte ich generell für sinnvoll. Aber auch diese muss ins Stadtbild passen.
Frage 7: Welche Perspektiven sehen Sie für die Ortsteile wie Lippramsdorf, Sythen, Hullern oder Lavesum?
Andreas Stegemann:
Alle Ortsteile in Haltern am See sind liebens- und lebenswert. Wichtig ist eine flächendeckende Nahversorgung mit Kindergärten und Grundschulen, wie sie derzeit bereits vorhanden ist.
Durch die erfolgreiche Fortführung der Ortsteilforen werden Perspektiven wie Dorftreffpunkte, Neugestaltung von Dorfplätzen, Sport- und Spielplatzgestaltung nicht nur gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft entwickelt, sondern auch zeitnah umgesetzt.
Dr. Vanessa Giese:
Die Dörfer werden stark durch die Vereine vor Ort getragen und haben dadurch eine hohe Lebensqualität. Wir müssen allerdings darauf achten, dass die Dörfer durch fehlende Anbindung und Nahversorgung nicht an Attraktivität verlieren.
Sythen ist gut ausgestattet, allerdings fehlt bei dieser Siedlungsgröße eine Poststation. Hullern hat einen tollen Dorfladen, und auch Lippramsdorf hat einen Supermarkt. Hier sollten wir gemeinsam alles daran setzen, dass die Kaufleute am Standort bleiben.
Die Grundschulstandorte und Kindergärten müssen erhalten bleiben. Für das Nahverkehrsangebot brauchen wir innovative Lösungen – z. B. On-Demand-Angebote –, um der älter werdenden Bevölkerung und auch der Jugend Möglichkeiten zu bieten, in die Stadt zu kommen.
Matthias Engicht:
Die Infrastruktur fast aller Ortsteile muss verbessert werden. Sythen bildet da fast schon eine Ausnahme, auch wenn dort auch nicht alles in Ordnung ist.
Insgesamt müssen die Ortsteile perspektivisch näher an Halterns Zentrum angebunden werden. Wenn viele Leute auf dem Land leben, muss dort auch was angeboten werden, damit Menschen in ihren jeweiligen Ortsteilen gerne verweilen und nicht für Besorgungen immer nach Halterns Zentrum fahren müssen.
Außerdem sind ältere Mitbürger auf den Nahverkehr angewiesen, und der ist ja nicht immer präsent.
Frage 8: Wie wollen Sie Nahversorgung, Mobilität und medizinische Versorgung im Stadtgebiet zukunftsfest gestalten?
Andreas Stegemann:
Die medizinische Versorgung lebt von einem attraktiven Wohn- und Lebensumfeld. Auch die Ansiedlung im Amaro-Haus oder das Medical Center am Bahnhof sind in Zusammenarbeit mit unserem örtlichen Krankenhaus ein sehr wichtiger Faktor.
Bei der Nahversorgung leben wir von unserer lebendigen Innenstadt mit vielen tollen Angeboten und einer sehr intensiven Zusammenarbeit mit „Haltern am See. Tut gut.“. Darüber hinaus sind die beiden Versorgungsbereiche an der Recklinghäuser Straße und der Münsterstraße weiter attraktiv zu gestalten, um weiter ein gutes Investitionsklima vorzuhalten.
Die Angebote in den Dörfern leben von der Unterstützung aus dem Nahbereich. Daher gilt es, Ansiedlungen zu unterstützen und den regionalen Einkauf zu fördern.
Als Flächengemeinde werden wir nie ein lückenloses ÖPNV-Netz wie in einer Großstadt haben. Es bleibt weiter angestrebt, ein Verkehrsangebot mit kleinen Bussen auf Anfrage (on demand) mit dem VRR auszuprobieren. Außerdem müssen die Radwege instand gehalten und weiter optimiert werden, um noch mehr Menschen für das Radfahren zu begeistern. Zudem sollen Angebote wie der Bürgerbus weiter unterstützt werden.
Dr. Vanessa Giese:
Nahversorgung ergibt sich in erster Linie aus Angebot und Nachfrage. Kippt dieses System – zum Beispiel in einem Dorf –, sollten wir bedarfsgerecht schauen, ob eine alternative Lösung notwendig ist, zum Beispiel durch ein genossenschaftliches Dorfladenprojekt.
Mobilität: Der Bürgerrat hat der Politik einen Auftrag erteilt: „Wir wollen eine Zukunft, in der wir weniger vom Auto abhängig sind.“ Mit mir kommt ein klares Bekenntnis für eine sichere und nachhaltige Mobilität in Haltern. Denn ich fahre selbst viel Rad und Bahn.
Für dieses Ziel müssen wir bisweilen dicke Bretter bohren – wie bei der Stever-Lippe-Passage. Ich bleibe hartnäckig dran, um mit den regionalen Baulastträgern möglichst viel zu erreichen. Gleichzeitig können wir in Haltern auf viele Dinge selbst Einfluss nehmen. Wir können Fahrradstraßen einrichten und richtig markieren. Wir können Straßen zu Tempo-30-Zonen machen. Wir können Einbahnstraßen einrichten und die entstehende Fläche für die Menschen nutzen.
Natürlich ist klar: Viele von uns brauchen weiterhin ein Auto. Ich möchte das Nebeneinander von Auto, Fahrrad und Fußverkehr klug gestalten – mit einer Planung, die den Menschen in den Mittelpunkt rückt.
Medizinische Nahversorgung: Mit dem St.-Sixtus-Hospital, dem Amaro Gesundheitszentrum, dem geplanten Medical Center, niedergelassenen Ärztinnen, Ärzten und Pflegediensten haben wir eine vergleichsweise gute Versorgung – auch wenn es mitunter schwierig ist, zum Beispiel einen Hausarzt zu finden. Gerade vor dem Hintergrund, dass in den Praxen ein Generationenwechsel stattfindet und medizinische Fachkräfte überall gesucht werden, müssen wir uns als Stadt attraktiv aufstellen. Hier ist unter anderem wieder das Thema Wohnen relevant.
Matthias Engicht:
Auf dem Land in den jeweiligen Ortsteilen wird man perspektivisch nicht auf das Auto verzichten können. Das Fahrrad spielt natürlich auch eine wichtige Rolle, aber ersetzt das Auto nicht. Kleinbusse wären eine Alternative, die für mehr Mobilität sorgen können, wenn sie häufig fahren.
Die medizinische Versorgung hängt davon ab, ob sich Ärzte in den jeweiligen Ortsteilen ansiedeln, Stichwort Landarzt. Im Stadtgebiet finde ich, gibt es sehr gute Ärzte. Inwieweit weitere Generationen den Beruf ergreifen, kann ich Stand heute natürlich nicht voraussagen.


